Ein vollständig verglastes Hochhaus ohne außenliegenden Sonnenschutz, ist unter den geltenden Energiesparrichtlinien in Deutschland heute kaum noch zu realisieren. Für die Festo AG in Esslingen war es jedoch genau jener gläserne Kristall der ihrer Corporate Identity entsprach, natürlich bei optimalen thermischen Bedingungen. Langfristig sollten die Betriebskosten niedrig gehalten und den Mitarbeitern hoher Komfort und Nutzerfreundlichkeit geboten werden.
Gemeinsam mit einem Team verschiedener Fachdisziplinen wurde ein ganzheitliches Gebäude- und Fassadenkonzept entwickelt. Die von uns vorgeschlagene Fassadenlösung beruht auf dem Prinzip der klassischen Abluft-Fassade. Allerdings ohne die innere Glasebene, sondern nur bestehend aus einer Festverglasung und einem innenliegendem Sonnenschutz.
Eigentlich eine simple Lösung, jedoch mit intelligentem Zusatznutzen: Die Wärme, die sich an sonnigen Tagen zwischen Verglasung und Sonnenschutz stauen würde, wird genau dort abgesaugt. Das reduziert die Oberflächen-Temperatur am Screen, verringert Wärmestrahlungs-Asymmetrien und spart somit Kühlenergie. Die Intelligenz steckt in der Steuerung und der umfangreichen Feinabstimmung der strömungswirksamen Details, die in zahlreichen Tests, gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut, den Architekten und Haustechnikern, sowie unserem Facade-Lab entwickelt wurden.
Als Wohlfühlelemente sowie zur Entrauchung sind geschosshohe Parallel-Ausstellfenster in die Fassade integriert. Sie lassen sich manuell öffnen und bieten dank elektrochromer Verglasung freien Blick nach draußen, selbst bei aktiviertem Sonnenschutz. Ein ursprünglich für Photovoltaikanlagen konzipierter Reinigungsroboter wurde zudem für den Einsatz an der Fassade ausgebaut.
Trotz widersprüchlicher Anforderungen – Transparenz versus Energieeffizienz, Behaglichkeit versus niedrige Betriebskosten, Ausblick versus Sonnenschutz – gelang es uns ein Fassadenkonzept zu entwickeln, dem die Nutzer gleich im ersten Sommer ein unerwartet behagliches Raumklima und eine angenehme Atmosphäre bescheinigten.
Festo war das erste Projekt, bei dem wir unsere Idee der ACT Fassade – wie wir sie später nannten – in die Realität umsetzten. Dabei steht ACT für Active Cavity Transition, drei Worte, die die Funktionsweise kennzeichnen. Außerdem fanden wir ACT sehr treffend, da es tatsächlich eine aktive Gebäudehülle und nicht nur ein passiver Sonnenschutz ist.
Zum Entwicklungsteam gehörten damals natürlich Festo selbst, die Architekten Jaschek, die Haustechnikingenieure Pfeil + Koch, das Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und letztlich die ausführende Firma Schindler mit einer Festo-spezifischen System-Applikation von Schüco.
Seit dem arbeiten wir an weiteren Projekten und neuen Lösungen. Im Team mit verschiedenen Forschungs-Partnern loten wir das ACT-Potential weiter aus. Dazu brachten wir die Kompetenz von Priedemann Facade-Lab, Transsolar, Warema, Schüco, dem Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP und dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE zusammen.